Bibliographie

PANTOIA – Bibliographie – Einführung

Die folgenden Seiten bieten eine Bibliographie unterhaltsamer Literatur und Dichtung in lateinischer und altgriechischer Übersetzung.[1] Erfasst werden nicht nur Druckwerke, sondern auch digitale Publikationen und Hörbücher. Originalaltsprachliche Dichtung wird nicht aufgenommen, wohl aber moderne originalaltsprachliche Prosa. Übersetzungen vor allem deutscher Gedichte sind ein Schwerpunkt dieser Bibliographie. – Die meisten Übersetzungen deutscher Literatur und Dichtung dürften mittlerweile erfasst sein. Die Verzeichnung von Übersetzungen aus dem Englischen und den romanischen Sprachen wurde in Angriff genommen. – Ein Titel in roter Fettschrift mit Buchsymbol kennzeichnet einen Link, über den eine digitale Kopie der erfassten Publikation aufgerufen werden kann. – Zwar wird die Bibliographie ständig aktualisiert und korrigiert, sollten sich dennoch Fehler eingeschlichen haben, so bitte ich dafür um Verständnis. Anregungen, Kritik und Literaturhinweise sind willkommen und sollten bitte an webmaster@pantoia.de gerichtet werden.

Charakter der erfassten Literatur

Allem Anschein nach ist die moderne altsprachliche unterhaltsame Literatur im Wesentlichen Übersetzungsliteratur. Bislang sind mir nur wenige in lateinischer Sprache verfasste selbstständige Publikationen dieses Genres, wie etwa die Erzählung »Saeculorum transvectio« (1976) von Geneviève Métais oder der Roman »Capti« (2011) von Stephen A. Berard, bekannt. Dagegen sind die unselbstständigen Veröffentlichungen, vor allem in den Periodika der »Latinitas viva«, zahlreicher. Ein erstes Hilfsmittel zur Erschließung der lateinischen Zeitschriftenliteratur bietet jetzt der «Index generalis Vocis Latinae», der etwa 700, und der «Index generalis Palaestrae Latinae», der gegenwärtig 140 lateinische Übersetzungen verzeichnet. In Ansätzen findet sich auch eine »moderne« altgriechische Schriftstellerei – nicht alles ist hier Übersetzung!

Robinson Secundus

Es mag verwundern, aber die moderne altsprachliche unterhaltsame Literatur ist in der Hauptsache Kinder- und Jugendliteratur. Eine überstrahlende Rolle kommt dabei den lateinischen Übersetzungen von Joachim Heinrich Campes (1746-1818) »Robinson der Jüngere« zu.

Campe selbst hatte im Vorwort seiner »pädagogischen Robinsonade«, die zum ersten Weltklassiker des Kinder- und Jugendbuchs werden sollte, eine Übersetzung ins Lateinische angeregt.[2] Ganz im Sinne des Philanthropismus ging es ihm, im Gegensatz zum damaligen Schulbetrieb und – so dürfen wir sagen – im Gegensatz zum späteren humanistischen Gymnasium, um einen kindgemäßen Lateinunterricht.

Als erster übersetzte der Lehrer Philipp Julius Lieberkühn (1754-1788) Campes Robinson ins Lateinische. Lieberkühns »Robinson Secundus« wurde viermal aufgelegt (1785, 1789, 1794, 1802) und, wie sich zeigen ließe, auch im Unterricht gelesen. Nachdem Lieberkühns Übersetzung vergriffen war, machte sich der Theologe Johann Friedrich Gottlieb Nagel (1792-1847) an eine Neuübersetzung. Im Jahre 1823 veröffentlichte er den ersten, fünf Jahre später den zweiten Band seines »Robinsonius Minor«. Nagel wollte nicht nur eine reinere lateinische Übersetzung von Campes »Robinson« bieten, sondern den Schülern bei der Lektüre so weit wie möglich entgegenkommen. Der Übersetzung sind darum reiche Wortangaben und umfassende grammatische Erklärungen beigegeben. Die größte Verbreitung aber fand die lateinische Bearbeitung des Franzosen François Joseph Goffaux (1755-1836). Goffaux' »Robinson Crusoëus« erschien erstmals im Jahre 1809 und wurde in Frankreich, England und den USA bis ins 20. Jahrhundert aufgelegt und überarbeitet.

Die lateinischen Übersetzungen von Campes »Robinson der Jüngere« stehen am Anfang einer langen Reihe von Übertragungen von Kinder- und Jugendbuchklassikern ins Lateinische. So fanden beispielsweise Hoffmanns »Struwwelpeter«, Stevensons »Schatzinsel«, Carrolls »Alice im Wunderland«, Whites »Charlotte's Web«, Karl Mays »Winnetou« und Rowlings »Harry Potter« ihre Übersetzer.

Sub rota

Großer Beliebtheit bei den Übersetzern erfreuen sich Bildgeschichten jeder Art: Bilderbücher, wie der »Struwwelpeter«, Bildergeschichten, wie Wilhelm Buschs »Max und Moritz« oder »Plisch und Plum«, und vor allem Comics. Wer kennt nicht die lateinischen Asterix-Übersetzungen von Rubricastellanus! Aber auch »Tim und Struppi«, »Alix« und einige Disney-Comics sind übersetzt worden.

In der modernen unterhaltsamen Literatur in altsprachlichem Gewande lässt sich eine zweite Strömung ausmachen: Übertragungen ernster und anspruchsvoller Prosa. An erster Stelle ist hier der Übersetzer Nikolaus Groß und seine lateinische Übertragung des Bestsellers »Das Parfum« (»Fragrantia«, 2004) zu nennen. Das in einem eigenen Band dazu erschienene Glossar zeugt vom akribischen Fleiß und Kenntnisreichtum des Übersetzers. Groß übersetzte außerdem »Die Leiden des jungen Werther« von Goethe, »Die Schwarze Spinne« von Jeremias Gotthelf, Dürrenmatts »Romulus der Große«, Hauptmanns »Bahnwärter Thiel« u.a.m. – Erwähnung muss an dieser Stelle auch die Übersetzerin und Herausgeberin der »Vox Latina« Sigrid Albert finden, deren lateinische Übertragung von Hermann Hesses »Unterm Rad« (»Sub rota«, 1994) dem Verfasser dieser Zeilen etwas Besonderes bedeutet.

Obgleich das Versemachen in der Schule schon lange aufgegeben worden ist und auch im akademischen Unterricht keine Rolle mehr spielt, hat sich bis in die Gegenwart eine reiche lateinische Gedichteliteratur gehalten, die auch neue Formen, wie etwa das japanische Haiku,[3] aufnimmt. Gedichte sind das eigentliche Feld moderner lateinischer Schriftstellerei. Das unterstreicht den Gelegenheitscharakter der neuen lateinischen Literatur.

Neben dem großen Strom zeitgenössischer originallateinischer Lyrik, den zu beobachten nicht im Interesse von PANTOIA liegt,[4] findet sich eine heute fast vergessene, bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts andauernde Richtung, der es um die Übertragung anspruchsvoller Poesie ins Lateinische und Altgriechische ging. Die lateinische Übersetzung des finnischen Nationalepos »Kalevala« von Tuomo Pekkanen aus dem Jahre 1986 ist für die spätere Zeit die Ausnahme.

Selecta Frederici Schiller carmina

In Deutschland richtete sich im 19. Jahrhundert das Interesse der Übersetzer vor allem auf die Dichtung der Weimarer Klassik. Goethes »Hermann und Dorothea« wurde von dem Lehrer Benjamin Gottlob Fischer (1769-1846), danach von dem Grafen Joseph von Berlichingen (1759-1832) ins Lateinische gebracht. Im Jahre 1888 erschien unter den Titel »Γοιθιου ειδυλλιον Αρμινιος και Δωροθεα« sogar eine vollständige Übertragung in die Sprache Homers! Die »Römischen Elegien« wurden wenigstens dreimal ins Lateinische übersetzt. Goethes »Iphigenie« auf Altgriechisch kommt 1861 heraus. Der Pfarrer Gustav Feuerlein (1781-1848) übersetzt »Schiller's sämmtliche Gedichte« (1831) ins Lateinische. Überhaupt erfreuten sich die Gedichte Schillers bei den Übersetzern großer Beliebtheit. Es erscheinen Anthologien, wie etwa die »Selecta Frederici Schiller carmina« (1845) des Prager Lehrers W. A. Swoboda (1791-1849). Solange die Weimarer Klassik in Ansehen stand, gab es immer wieder Versuche, sie in das Gewand der alten Sprachen zu kleiden. Das letzte größere Werk dieser Art erschien wohl im Jahre 1937: Otto Schmieds (1887- ?) »In veste Latina«. Dort finden sich 22 klassische deutsche Balladen in lateinischer Übertragung.

Zwei Übersetzer von Lyrik des 18. und 19. Jahrhunderts, deren Arbeiten in der Form umfangreicher Anthologien erschienen sind, müssen noch eigens genannt werden: der Latinist Johann Dominicus Fuss (1782-1860), dessen lateinische Übersetzung von Schillers »Das Lied von der Glocke« aus dem Jahre 1824 zuletzt 1948 aufgelegt worden ist, und der Lehrer Heinrich Stadelmann (1830-1875), dessen kongeniale Gedichtübersetzungen ins Lateinische wohl ihresgleichen suchen.

Bedeutende Übersetzungen deutscher Literatur ins Lateinische finden sich erst wieder im ausgehenden 15. und im 16. Jahrhundert. 1497 erschien unter dem Titel »Stultifera navis« Jakob Lochers (1471-1528) lateinische Übersetzung des »Narrenschiffs« von Sebastian Brant (1457/8-1521). Lochers Übersetzung, die 1572 zum zehnten Mal abgedruckt wurde, machte Brants »Narrenschiff« international bekannt und trug wesentlich zu seinem Erfolg bei. Die Auflagenhöhe der »Stultifera navis« muss groß gewesen sein und hat wohl die ihrer deutschen Vorlage übertroffen, jedenfalls übersteigt die Zahl der erhaltenen Exemplare der »Stultifera navis« die von Brants »Narrenschiff«.[5]

Aus der Feder des Aegidius Periander alias Giles Omma, geboren um 1543 in Brüssel, stammt das 1567 erschienene »Noctuae speculum«, ein Eulenspiegel-Buch in lateinischen elegischen Distichen, das nach einer deutschsprachigen Vorlage entstanden ist.[6] Das Verdienst, als erster die Schwänke um Till Eulenspiegel ins Lateinische gebracht zu haben, gebührt allerdings dem aus Brabant stammenden Lehrer Ioannes Nemius (Jan Goverts). Sein «Triumphus humanae stultitiae» in jambischen Trimetern erschien 1558, 1563 und 1641. Eine von Martin Winkler besorgte Neuedition des Textes mit Übersetzung und Erläuterungen kam 1995 heraus. Wie der lateinische Eulenspiegel Perianders beruht auch der des Nemius auf einer volkssprachlichen Vorlage, einer flämischen allerdings.[7]

1567 brachte der Frankfurter Verleger Sigismund Feyrabend eine lateinische Übersetzung des ersten neuhochdeutschen Reineke Fuchs-Buches[8] auf den Markt. Übersetzer war der 1542 in Neumarkt in der Oberpfalz geborene Hartmann Schopper, der sich schon früh einen Namen als lateinischer Dichter gemacht hatte, aber als Student und Landsknecht gescheitert war.[9] Schoppers Übersetzung erschien zuerst unter dem Titel »Opus poeticum de admirabili fallacia et astutia vulpeculae Reinikes«, die späteren Ausgaben von 1574, 1579, 1584 und 1595 geben sich hingegen als »Speculum vitae aulicae« aus. Eine gekürzte lateinisch-neuhochdeutsche Parallelausgabe, die »Technae aulicae«, datiert von 1588.[10] Schoppers lateinischer Reineke Fuchs fand 1612 auch Eingang in die »Delitiae poetarum Germanorum« (V, 1437-1663).[11]

[1] Eine umfassende Bibliographie der Übersetzungen volkssprachlicher Literatur ins Lateinische (wie auch ins Altgriechische) existiert bisher nicht. Nur der Aufsatz »European Vernacular Works in Latin Translation« von W. L. Grant (in: Studies in the Renaissance, Bd. 1, 1954, S. 120-156) bietet erste Orientierung und vermittelt einen Eindruck von Reichtum dieser Übersetzungsliteratur. Seit dem Mittelalter und parallel zur Entstehung der europäischen Volkssprachen wurde Literatur aller Themen und Gebiete ins Lateinische übersetzt. Nicht nur Schriften historischen, naturwissenschaftlichen, medizinischen, philosophischen oder theologischen Inhalts, auch Biographien, Berichte über Entdeckungsreisen und Länderbeschreibungen – um nur Einiges herauszugreifen –, die ursprünglich in einer der europäischen Volkssprachen abgefasst waren, wurden ins Lateinische gebracht. Ebenso finden sich zahlreiche Übertragungen unterhaltsamer Literatur und Dichtung. Grant nennt Beispiele aus der italienischen, englischen, portugiesischen, spanischen, isländischen und deutschen Literatur (S. 121-128), die den wahren Umfang der Übersetzungen auf diesem Gebiet allerdings kaum erahnen lassen.

[2] „Solte sich ein, der lateinischen Sprache hinlänglich, mächtiger, Man finden, der Lust und Muße hätte, eine gute lateinische Uebersezung davon zu machen: so würde dadurch eine sehr erhebliche Lükke in unserer dermaligen, noch so überaus mangelhaften Schulbibliothek ausgefült werden. Denn wo ist das Buch, welches man [...] den ersten Lehrlingen der lateinischen Sprache, ohne alle Bedenklichkeit in die Hände geben könte? Das Buch, meine ich, welches lauter, für solche Kinder verständliche, für solche gehörige, für solche auch zugleich angenehme Sachen in einem leichten lateinischen Gewande enthielte? Ich ha' es sorgfältig gesucht; aber fand es nirgends.” (J. H. Campe: Robinson der Jüngere, zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung für Kinder, nach dem Erstdruck hrsg. v. A. Binder u. H. Richartz, bibliogr. erg. Ausg. Stuttgart 2000, S. 14 f.)

[3] Siehe etwa Genovefa Immè: Haïcua cottidiana, Mazet-Saint-Voy 1998; oder: 92 Latin & English Haiku, edited by Dirk Sacré and Marcel Smets, Wauconda (Illinois) 1999.

[4] Einen bibliographischen Überblick über die lateinische Dichtung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bieten die beiden Aufsätze von Joseph Ijsewijn »Conspectus poetarum Latinorum saeculi vicesimi, in: Euphrosyne 3 (1961), S. 149-190« und »Conspectus poetarum Latinorum saeculi vicesimi – Auctarium, in: Palaestra Latina 34 (1964), S. 384-389«. Dazu sind zwei Supplementa von Dirk Sacré erschienen: Conspectus poetarum Latinorum 1900-1961: Supplementum, in: Humanistica Lovaniensia 39 (1990), S. 328-339; Conspectus poetarum Latinorum 1900-1961: Supplementum alterum, in: Humanistica Lovaniensia 51 (2002), S. 301-310. Siehe auch: I. Ijsewijn-Jacobs: Latijnse Poezie van de twintigste Eeuw, Lier 1961; V. R. Giustiniani: Die neulateinische Dichtung in Italien 1850-1950. Ein unerforschtes Kapitel italienischer Literatur- und Geistesgeschichte, Tübingen 1979.

[5] Vgl. Nina Hartl: »Die Stultifera Navis«. Jakob Lochers Übertragung von Sebastian Brandts »Narrenschiff«, Bd. 1,1: Untersuchung und Kommentar, (Studien und Texte zum Mittelalter und zur frühen Neuzeit 1), Münster / New York / München / Berlin 2001, S. 28.

[6] Vgl. Reinhard Tenberg: Die deutsche Till-Eulenspiegel-Rezeption bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, (Epistemata: Reihe Literaturwissenschaft 161), Würzburg 1996, S. 169 f.

[7] Es handelt sich um den sog. Antwerpener Druck des Michiel Hillen von Hoochstraten, der zwischen 1525 und 1546 zu datieren ist. Ein Digitalisat stellt die Dänische Königliche Bibliothek bereit: http://base.kb.dk/manus_pub/cv/manus/ManusIntro.xsql?nnoc=manus_pub&p_ManusId=541&p_Lang=alt (1.1.2012).

[8] Erstmals erschienen 1544 in Frankfurt, als Faksimile neu herausgegeben von Hubertus Menke, Heidelberg 1981.

[9] Zu Schopper vgl. Wilfried Schouwink: Opus Marone dignius. Autobiographisches in Hartmann Schoppers lateinischem Fuchs-Epos, in: Scripturus vitam. Lateinische Biographie von der Antike bis in die Gegenwart, Festgabe für Walter Berschin zum 65. Geburtstag, hrsg. von Dorothea Walz, Heidelberg 2002, S. 1117-1133.

[10] Näheres zu dieser Ausgabe bei Christine Mundhenk: Untersuchungen zu den Technae aulicae, einer Reineke-Fuchs-Ausgabe des 16. Jahrhunderts, in: Niederdeutsches Wort, Bd. 29, 1989, S. 99-111.

[11] Eine ausführliche bibliographische Beschreibung aller Ausgaben der Übersetzung Schoppers mit Bestandsnachweisen findet sich bei Hubertus Menke: Bibliotheca Reinardiana. Teil I: Die europäischen Reineke-Fuchs-Drucke bis zum Jahre 1800, Stuttgart 1992, S. 50-61.