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Letzte Bearbeitung: 20.8.2010
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Heinrich Stadelmann wurde am 30.3.1830 in Barthelmesaurach in Mittelfranken geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Schopfloch, einem kleinen Ort zwischen Feuchtwangen und Dinkelsbühl, wo sein Vater Pfarrer war. Mit zehn Jahren schickten ihn die Eltern nach Ansbach aufs Gymnasium. Der Lehrer Christian von Bomhard (1785-1862) beeinflusste ihn nachdrücklich. Bomhard bewunderte das außergewöhnliche Sprachtalent seines Schülers, dem er sich bald nichts mehr zu korrigieren getraute. Auf der anderen Seite entwickelte der Schüler ein tiefe Anhänglichkeit an seinen Lehrer. Stadelmann und Bomhard blieben in lebenslanger Freundschaft miteinander verbunden. Ein anrührendes Zeugnis dafür ist der in der Hauptsache lateinisch geführte Briefwechsel zwischen den beiden.
Von 1848 bis 1853 studierte Stadelmann in Erlangen Philologie. Ermuntert durch seinen akademischen Lehrer Ludwig Döderlein (1791-1863) beschäftigte er sich in der Hauptsache mit Dichtung und stürzte sich – wenig auf das Brotstudium bedacht – in die Übersetzung deutscher Gedichte ins Lateinische. Die Frucht dieser Arbeit, die »Varia variorum carmina latinis modis aptata«, erschien 1854: 163 Gedichte (Auszüge aus Dramen eingerechnet) von insgesamt 39 deutschen Dichtern hatte er ins Lateinische gebracht, darüber hinaus Etliches aus dem Altgriechischen, Englischen und aus der Bibel. Das Buch wurde von der Kritik im Allgemeinen hoch gelobt, der Erfolg war allerdings teuer erkauft, konnte Stadelmann doch den in ihn gesetzten Erwartungen im Examen – das Griechische war seine schwache Stelle – nicht nachkommen.
So verlief seine berufliche Laufbahn in bescheidenem Rahmen. Bereits während seiner Studienzeit war er am Ansbacher Gymnasium eingesetzt worden. 1854 unterrichtete er in Schwarzenbach an der Saale. Ende desselben Jahres rief ihn Döderlein als Aushilfe nach Erlangen. Doch schon im Sommer 1855 finden wir ihn als Verweser an der Lateinschule in Dinkelsbühl. Im selben Jahr erhält er endlich eine feste Stelle als Studienlehrer an der Lateinschule in Memmingen, allerdings bei sehr bescheidenem Einkommen. Das Jahr 1855 brachte seinem Herzen Glück. Er verlobte sich mit Marie Friedreich, der Tochter des Erlanger Medizinprofessors Johannes Baptista Friedreich (1786-1862). Vier Jahre später wurde Hochzeit gehalten.
Das Schulmeisterdasein war Stadelmann mehr eine Last als eine Freude. Das Eintrichtern der Grammatik und das ewige, scheinbar fruchtlose Korrigieren der Schüler waren ihm zuwider. Mehrere Versuche, seine berufliche Situation zu ändern und zu verbessern, schlugen fehl. Erfüllung und Anerkennung aber fand er als Dichter und lyrischer Übersetzer. Sein Schaffen bewegte sich zwischen klassischer Antike, christlichem Liedgut und zeitgenössischer deutscher und englischer Lyrik. Als Dichter wollte er sich zu den Romantikern gerechnet wissen. Wesentlich bestimmt hat ihn sein tiefer Glaube, der keine Berührungsängste gegenüber der anderen Konfession kannte.
Im Jahre 1872 wurde er als Studienlehrer nach Speyer versetzt. Doch nur noch eine kurze Zeit war ihm beschieden. Von einem Lungenleiden konnte er sich nicht mehr erholen. Im Alter von erst 45 Jahren verstarb er am 1.10.1875 in seinem Heimatort Schopfloch.
Vgl. Bomhards und Stadelmanns Briefwechsel, Amor und Psyche und sechs Grimm'sche Märchen aus H. Stadelmanns Nachlaß auf Wunsch seiner Familie hrsg. v. H. Rubner, Ansbach 1895, S. 1-22; Heinrich Stadelmann, der Poet. Nachruf von Karl Zettel, in: Blätter für das bayerische Gymnasial- und Real-Schulwesen, Bd. 11, 1875, S. 433 f.
ABENDLIED. Gedicht von Heinrich Stadelmann. Für eine Singstimme mit Begleitung des Piano-Forte comp., op. 2, von Sigmund Rheineck, Memmingen o. J.
AEHREN vom Felde der Betrachtung von Christian von Bomhard. Aus dessen literarischem Nachlasse hrsg. v. Heinrich Stadelmann, Augsburg 1869.
AMOR UND PSYCHE. Ein lyrisches Epos nach Apulejus frei bearbeitet von Heinrich Stadelmann, in: Bomhards und Stadelmanns Briefwechsel, Amor und Psyche und sechs Grimm'sche Märchen aus H. Stadelmanns Nachlaß auf Wunsch seiner Familie hrsg. v. H. Rubner, Ansbach 1895, S. 181-235.
ALTCHRISTLICHE HYMNEN und Lieder. Aus dem Lateinischen übersetzt von Heinrich Stadelmann. Mit dem lateinischen Text zur Seite, Augsburg 1855.
AUS TIBUR UND TEOS. Eine Auswahl lyrischer Gedichte von
Horaz, Anakreon, Catull, Sappho, nebst andern poetischen
Stücken in deutscher Nachdichtung von Heinrich Stadelmann,
Halle 1868.
„Stadelmann's Meisterschaft in Handhabung des lateinischen
Verses ist eine unbestrittene. Wer weiss, ob es ihm in dieser Kunst irgend
wer unter den jetzt Lebenden gleich thut? [...]
Nachdichtungen gewinnen sich [...] rasch einen grösseren Kreis von Freunden
und Lesern als Uebersetzungen, namentlich wenn sie wie die unseres
Verfassers an der Schönheit des Urbildes nicht nur nichts verwischen,
sondern die feinsten und kleinsten Züge desselben möglichst getreu
wiederzugeben und dabei das Colorit und den Tenor des Ganzen entschieden
zu bewahren verstehen.”
(Blätter für das bayerische Gymnasialschulwesen, Bd. 4, 1868, S. 167 f.)
BLÜTEN aus dem deutschen Märchenwald. Sechs Märchen der Gebrüder Grimm für Alt und Jung in Romanzen nachgedichtet von Heinrich Stadelmann, in: Bomhards und Stadelmanns Briefwechsel, Amor und Psyche und sechs Grimm'sche Märchen aus H. Stadelmanns Nachlaß auf Wunsch seiner Familie hrsg. v. H. Rubner, Ansbach 1895, S. 237-275.
BYRONS hebräische Gesänge. Aus dem Englischen übersetzt von Heinrich Stadelmann, Memmingen 1866.
CARMEN saeculare Schilleri poetae divini natali die X. Nov. rite celebrando scholae Latinae Memmingensis auctoritate dicatum interprete Henrico Stadelmanno, Memmingen 1859.
DAS HOHELIED, ein dramatisches Gedicht. Metrisch bearbeitet von Heinrich
Stadelmann. Mit einem Titelbild von Julius Schnorr, Eichstätt / Stuttgart 1870.
„Aber diese Begeisterung für den Stoff kommt ganz entschieden
der Nachdichtung zu gut, die in ihrer Wärme, dem Flusse ihrer Verse, dem idealen
Zuge, der das ganze durchweht, eine wohlthuende Empfindung gewährt. [...]
Fern sei es aber von uns [...] einen Tadel aussprechen zu wollen: im Gegenteil wollen
wir damit nur bekunden, dass Stadelmann dem Sänger des
Hohen Liedes mit vollster Objectivität nachfühlte und nachdichtete.”
(Blätter für das yayerische Gymnasialschulwesen, Bd. 6, 1870, S. 145)
GOETHII ELEGIAE ROMANAE. In Latinum convertit Henricus Stadelmann, Memmingen 1862.
GEDICHTE von Heinrich Stadelmann, Eichstätt 1874.
HARFENKLÄNGE. Eine Auswahl evangelischer Kirchenlieder in lateinischen Reimversen // Lyra Sacra. Poetarum evangelicarum cantica aliquot Latina veste induta, Halle 1876.
IN MEMORIAM Bomhardi. 1858, in: Neue Jahrbücher für Philologie und Paedagogik, Bd. 8, 1862, S. 181.
LEIERKLÄNGE aus Albion. Eine Auswahl englischer Gedichte in's Deutsche übertragen von Heinrich Stadelmann, Augsburg 1864.
LORD BYRONS lyrische Gedichte. Ausgewählt und übersetzt von Heinrich Stadelmann, Hildburghausen 1872.
SELECTA GERMANICORUM Graecorumque poetarum carmina latinitate vestita, adjunctis archetypis edidit Henricus Stadelmann, Augsburg 1856.
SIONSGRÜSSE. Eine Auswahl altchristlicher Hymnen und Lieder,
aus dem Lateinischen übersetzt von Heinrich Stadelmann, Halle 1864.
„Mit grosser Gewandtheit und sicherem Takte hat der Uebersetzer
sich seiner Aufgabe entledigt. Die von ihm getroffene Auswahl befasst an
dreissig der gefeiersten [!] und berühmtesten christlichen Lieder, welche mit
zwei Morgenliedern und einem Abendlied beginnen, dann aber das
Kirchenjahr und dessen Feste von Weihnachten an durchlaufen. [...] Dem
Genius der deutschen Sprache ist keine Gewalt angethan, und doch
die Treue der Uebersetzung stets gewahrt.”
(Heidelberger Jahrbücher der Literatur, Bd. 58, 1865, S. 399)
WEISSE ROSEN auf das Grab eines Kindes. Den Eltern des früh verklärten Engels gewidmet von Heinrich Stadelmann, Memmingen, 1857. – 21 Gedichte auf den Tod der dreijährigen Nichte Stadelmanns im Jahre 1855.
VARIA VARIORUM CARMINA latinis modis aptata adjectis
archetypis offert Henricus Stadelmann, Onoldi [Ansbach] 1854.
„Ich habe [...] den größten Teil der Gedichte und auch
die mir bereits bekannten mit neuem Vergnügen durchgelesen
mit Bewunderung der Virtuosität, mit welcher sie die
schwerste Aufgabe gelöst haben: möglichste Treue mit
poetischer Freiheit zu verbinden, und das in einer Diktion,
daß man glauben möchte, Ovid sei von den Schatten
zurückgekehrt und habe, entzückt von der Muse der Neueren,
sich das Vergnügen gemacht, einige ihrer Produkte in
seine graziöse Sprache überzutragen.” (Christian von Bomhard in
einem Brief vom 31.5.1854 an Stadelmann; vgl.
Bomhards und Stadelmanns Briefwechsel, S. 41.) –
„Sed si meum tamen requiris iudicium, inde ex longo
tempore non quicquam in eo genere exstitisse, quod
maiorem voluptatem mihi paraverit, liquido affirmare
possum. Et utro in genere magis excellere dicam, utrum in
vertendi arte an in fingendi sollertia dubius haereo. Nam
cum in iis quae ab aliis Germanice vel Anglice scripta latina
fecisti eam praestiteris artem, ut latinus poeta, non
peregrinus loqui videatur, tum quae ipse composuisti, ea
facilitate commendantur atque eam dulcedinem spirant, ut
Lotichium [gemeint ist Petrus Lotichius Secundus (1528-1560); Vf.] in manibus me
tenere me crediderim. Non dubitam igitur tua carmina faciunt
palmam.” (Der Philologe E. J. Wüstemann in einem Brief an
Stadelmann vom 25.7.1854; vgl. ebd., S. 54.) –
„Quae superiore anno evulgavi poemata datis nuper ad
me litteris probavit etiam Seyffertus [gemeint ist der Philologe
Moritz Ludwig Seyffert
(1809-1872); Vf.]
Berolinensis. Nonnulla quidem vituperat, ut archaismos,
elisiones duriores, alia, ut ab elegia aliena, in ipsaque
versuum structura limam interdum se dicit desiderare.
Sed totum opus valde laudat suntque omnino litterae
satis amanter amiceque scriptae.” (Stadelmann in einem
Brief vom 27.4.1855 an Bomhard; vgl. ebd., S. 61.)
VIROS ERUDITISSIMOS summopere reverendos ad philologorum congressum per dies XXIV, XXV, XXVI m. Septembris a. MDCCCLXII Augustae Vindelicorum celebrandum confluentes rite pieque consalutat Henricus Stadelmann, Augsburg 1862. – Ein 23-strophiges alkäisches Gedicht.
ZEITKLÄNGE. Gaben der deutschen und römischen Muse, Memmingen 1872.
„Der Verfasser [...] ist [...] rühmlichst bekannt als ein Mann, der auf
dem Gebiete der deutschen wie der lateinischen Poesie sich mit der gleichen
Gewandtheit und Tüchtigkeit zu bewegen weiss, der insbesondere durch seine
wohlgelungenen Uebertragungen lateinischer wie griechischer Dichtungen in
einer dem Sinn und Geist unserer Zeit entsprechenden äusseren Form, in der
aber doch der antike Inhalt treu wiedergegeben ist, nicht minder wie durch seine
meisterhaften Nachbildungen deutscher Dichtungen in lateinischem Gewand
sich einen Namen gemacht und die wohlverdiente Anerkennung aller Orten
gefunden hat.” Die vorliegende Sammlung enthält „Zeitgaben,
insofern der Inhalt der einzelnen Lieder sich meist auf die grossartigen
Ereignisse bezieht, deren Zeuge unsere Zeit gewesen ist, und diese, wie deren
Folgen in einer eben so würdigen, als anziehenden poetischen Form besingt.”
(Heidelberger Jahrbücher der Literatur, Bd. 65, 1872, S. 602 f.)
Letzte Bearbeitung: 20.8.2010 – Copyright © Bernd Platzdasch