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Letzte Bearbeitung: 14.9.2010
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Wer war Friedrich Schulteß?

Hermann Friedrich Albert Schulteß wurde am 21.8.1851 in Druxberge bei Magdeburg geboren. Sein Vater war evangelischer Pfarrer. Wenige Tage nach seiner Geburt starb seine Mutter. Er wurde der Obhut einer Tante im benachbarten Seehausen übergeben und verbrachte bei ihr die ersten drei Lebensjahre. Nachdem sein Vater wieder geheiratet hatte, kehrte er in sein Vaterhaus zurück. Noch keine zehn Jahre alt schickte man ihn im April 1861 nach Magdeburg, dort besuchte er als Alumnus die Schule des Klosters »Unser Lieben Frauen«.

Der Unterricht in den alten Sprachen weckte in ihm die Begeisterung für die antike Verskunst: „Die Freunde am Anfertigen lateinischer Verse führte ihn zu ungewöhnlicher Beherrschung der Sprache. Von einigen dieser Gedichte erfährt die Schule: bei einer Schulfeier am 21. März 1868 trägt er siebzig lateinische Distichen über Perikles und Athen vor, ein anderes Mal reicht er Herbst [einem seiner Lehrer; Vf.] die griechische Übersetzung von Schillers Hero und Leander ein, und um die Zeit der Prüfung hat er eine lange lateinische Arbeit über Horaz als Nachahmer der Griechen als ‚Valedictionsarbeit’ geschrieben, in der an fünfzehn Stellen längere griechische Gedichte übersetzt sind. Das reifste Werk dieser Zeit ist die Übersetzung von Schillers Spaziergang in lateinische Distichen, die er dreißig Jahre später, beim 200jährigen Jubelfest des Klosters in Druck gegeben hat [...]. Von den meisten Gedichten erfährt die Schule nichts, so von einem zu Vaters Geburtstag 1865, von einem in sechsundsechzig Hexametern [...]. Auch ein Trinklied in sechs alkäischen Strophen verfasst er [...].” [1]

Nachdem er Michaelis 1868 das Abitur bestanden hatte, studierte er von 1868 bis 1872 in Göttingen und Bonn klassische Philologie, Deutsch und Geschichte, anfangs auch Theologie. Im Krieg gegen Frankreich 1870/71 meldete er sich freiwillig als Sanitäter. Sein Einsatz dauerte allerdings nur wenige Wochen. Im Februar 1872 promovierte er in Bonn mit einer Arbeit über Seneca, im Jahr darauf legte er das Staatsexamen ab.

Von Juni 1872 bis April 1873 war er Hilfslehrer und Adjunkt am kaiserlichen Lyzeum in Straßburg, dann bis 1878 ordentlicher Lehrer am Straßburger Protestantischen Gymnasium. Im Dezember 1876 wurde er zum Oberlehrer befördert. Im April 1878 folgte er einem Ruf nach Gießen. „Die Großherzoglich Hessische Regierung hatte sich überzeugt, daß die klassischen Philologen unter der Verringerung der Schulleistungen in den alten Sprachen so litten, daß sie mit ihren Schulkenntnissen das alte Studium nicht mehr beginnen konnten. Um ihre Kenntnisse zu vertiefen, berief sie Schulteß nach Gießen, wo er 16 Stunden als Oberlehrer am Gymnasium erteilen und daneben in 6 Stunden die Studenten im mündlichen und schriftlichen Gebrauch des Lateinischen und im schriftlichen Gebrauche des Griechischen unterweisen und auch sonst in das Studium einführen sollte.” [2] Da ihm in Hessen eine akademische Karriere verschlossen blieb, kehrte er Ostern 1882 als kaiserlicher Professor mit dem Recht, auch an der Universität Vorlesungen zu halten, an das Lyzeum nach Straßburg zurück.

1883 wurde Schulteß Lehrer am Hamburger Johanneum. Von 1888 bis 1919 war er Direktor dieser Schule, außerdem war er Mitglied der Hamburger Oberschulbehörde. Neben seinen Amtsgeschäften unterrichtete er die Primaklassen in Latein und Griechisch.

Die letzten Lebensjahre bürdeten ihm ein schweres Schicksal auf. Nacheinander verlor er seine beiden Söhne und seine Frau. Er war enttäuscht über den Ausgang des Krieges und musste den Niedergang des alten Schulwesens, dem er sein Leben gewidmet hatte, mitansehen. Friedrich Schulteß starb am 27.4.1919 in Hamburg.

Vgl. Friedrich Schulteß: Aus drei Jahrzehnten des Hamburgischen Johanneums. Mit dem Bilde des Verfassers und Nachrichten über sein Leben, hrsg. v. Carl Schulteß, Hamburg 1927, S. 1-45; Edmund Kelter: Hamburg und sein Johanneum im Wandel der Jahrhunderte 1529-1929. Ein Beitrag zur Geschichte unserer Heimatstadt, Hamburg 1928, S. 198-218. – [1] Friedrich Schulteß, op. cit., S. 19. – [2] Ebd., S. 26.

Verzeichnis seiner Schriften

DE LUCII SENECAE QUAESTIONIBUS naturalibus et epistulis commentatio. Dissertatio philologica quam 24. febr. 1872 publice defendet Fridericus Schultess, Bonn 1872.

DIE ABFASSUNGSZEIT des Platonischen Theätet, Jahresbericht des protestantischen Gymnasiums zu Straßburg 1875/76, Straßburg 1875.

PLATONISCHE FORSCHUNGEN, Bonn 1875.

AD SENECAE LIBROS DE CLEMENTIA, in: Rheinisches Museum für Philologie, Bd. 33 (NF) 1878, S. 221-231.

VORLAGEN zu lateinischen Stilübungen, Heft 1: Variationen zu Cicero und Livius, Heft 2: Variationen zu Cicero und Tacitus, Gotha 1882.

HISTORIA PHILOSOPHIAE GRAECAE. Testimonia auctorum cont. H. Ritter et L. Preller, Pars I septimum edita, Physicorum doctrinae recognitae a Fr. Schultess, Gotha 1886.

JOHANNES CLASSEN. Gedächtnisschrift der Gelehrtenschule des Johanneums, Hamburg 1892.

SCHILLER'S SPAZIERGANG. Lateinisch von Friedrich Schulteß. Dem Kloster unser lieben Frauen in Magdeburg zum zweihundertjährigen Jubelfeste seines Pädagogiums dargebracht, Hamburg 1898.

AUS DEM ERSTEN KRIEGSSEMESTER. Ansprachen, Hamburg 1915.

JOHANNES BERTHEAU und Fritz Enss. Gedenkworte aus dem Hamburgischen Johanneum, Hamburg 1917.

GEDÄCHTNISTAFEL des Hamburgischen Johanneums 1914-1919, Hamburg 1919.

HORAZISCHE LIEDER und Briefe, hrsg. v. Carl Schulteß, Gotha 1920.

AUS DREI JAHRZEHNTEN des Hamburgischen Johanneums. Mit dem Bilde des Verfassers und Nachrichten über sein Leben, hrsg. v. Carl Schulteß, Hamburg 1927. – Der Band enthält in der Hauptsache Schulteß' Schulreden.

Ein umfassenderes Verzeichnis der gedruckten Schriften von Friedrich Schulteß hat sein Bruder Carl (op. cit., S. 47 f.) zusammengestellt.