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Letzte Bearbeitung: 21.8.2010
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Wer war Wenzel Alois Swoboda?

Wenzel Alois Swoboda

Wenzel Alois (Wenceslaw Aloiys) Swoboda, tschech. Václav Alois Svoboda, wurde am 8.12.1791 in Navarov (Nawarov) in Böhmen geboren. Nach seinem Geburtsort nannte er sich zeitweilig Navarovský. Sein Vater war Bierbrauer. Zunächst besuchte er Schulen in Jenišovic (Jenschowitz) und Liberec (Reichenberg), dann das Gymnasium in Mladá Boleslav (Jungbunzlau), wo er von dem patriotisch gesinnten Piaristen Dominik Františec Kinský unterrichtet wurde. Dieser weckte in ihm das Interesse für Literatur. Später wechselte er auf das Gymnasium der Prager Altstadt. Ab 1810 studierte er in Prag, zuerst an der philosophischen, dann an der juristischen Fakultät. Schließlich wollte er Lehrer werden. In Prag lernte er die bedeutendsten Geister seiner Zeit kennen (Josef Dobrovský, Josef Jungmann), freundete sich mit Václav Hanka an und hörte Bernhard Bolzano. Nach dem Studium (1814) wurde er zuerst Lehrer in Písek (Pisek), dann im Jahre 1815 in Jindřichův Hradec (Neuhaus). 1819 heiratete er. Zwei Jahre später wurde er Professor am Kleinseitener Gymnasium in Prag, eine Stelle, die er bis zu seinem Tode am 8.1.1849 inne hatte.

Neben seiner Tätigkeit als Lehrer war Swoboda Schriftsteller, Kritiker und Übersetzer. Sein Hauptinteresse galt der Dichtung. Er verfasste Gedichte und Lieder in tschechischer, deutscher und lateinischer Sprache. Einige Gedichte erschienen dreisprachig. Seine 1841 veröffentlichte Komödie »Karel Skreta« fand den Beifall des Publikums. Desweiteren schrieb er Aufsätze für Zeitschriften. Swobodas reiche Übersetzertätigkeit ins Tschechische, Deutsche und Lateinische erstreckte sich auf römische Dichtung, geistliche Texte, Dramen und Stücke, Gedichte, Lieder und Operntexte. Seine Wanderung zwischen den Sprachen und Literaturen brachte ihm in einer Zeit nationaler Selbstfindung manchen Argwohn ein. In den letzten Lebensjahren beschäftigte er sich mit einer historischen Arbeit über Wallenstein, die er allerdings ebensowenig wie eine Übersetzung und Kommentierung der Oden des Horaz ins Deutsche und eine lateinische Übertragung von Goethes »Iphigenie« zu Ende brachte. Ob Swoboda von der Fälschung der »Königinhofer Handschrift«, deren Übersetzer er ist, wusste oder ob er gar an ihr beteiligt war, muss offen bleiben.

Vgl. Art. Wenzel Alois Swoboda, in: Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich, enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 in den österreichischen Kronländern geboren wurden oder darin gelebt und gewirkt haben, 41. Teil, Wien 1880, S. 77-82; Ceský biografický archiv a Slovenský biografický archív (CSBA), Mikrofiche-Ausg., bearb. v. Ulrike Kramme u. Zelmíra Urra Muena, München 1993-1999, Fiche 611, 72-76; Walter Schamschula: Geschichte der tschechischen Literatur, Bd. 1: Von den Anfängen bis zur Aufklärungszeit, Köln / Wien 1990, S. 379-382.

Verzeichnis seiner Schriften

DER POSTILLON von Lonumeau. Komische Oper in 3 Aufzügen von Adolphe comte de Ribbing, übersetzt von V. A. Svoboda, Wien 1837.

DIE KÖNIGINHOFER Handschrift [Rukopis královédvorský]. Eine Sammlung lyrisch-epischer Nationalgesänge, aus dem Altböhmischen übersetzt von Wenzel Swoboda, hrsg. v. Wenzel Hanka, Prag 1819.

DIE KRONDIAMANTEN. Komische Oper in 3 Akten von Scribe und Saint-Georges, übersetzt von W. A. Swoboda, Musik von Daniel-François-Esprit Auber, 1842.

DIE VIER BÜCHER von der Nachfolge Christi [des Thomas a Kempis], übersetzt von W. A. Swoboda, Prag 1842.

DRAHOMIR. Ballade, in: Aglaja. Ein Taschenbuch für das Jahr 1819, Wien 1819, S. 155.

DREI KIRCHLICHE LIEDER. Aus dem Lateinischen übersetzt von W. A. Swoboda, Prag 1826.

KAISER KARLS BAD. Ballade, in: Aglaja. Ein Taschenbuch für das Jahr 1821, Wien 1821, S. 138.

KAREL SKRETA. Malir, wlastenska smesnohra w 3 dejst, Prag 1841. [Karl Skreta der Maler. Lustspiel in 3 Akten]

KÖNIGINHOFER HANDSCHRIFT. Sammlung altböhmischer lyrisch-epischer Gesänge, nebst andern altböhmischen Gedichten, nebst einem Facsimile, aufgefunden und hrsg. v. Wenceslaw Hanka, verdeutscht und mit einer historisch-kritischen Einleitung versehen von Wenceslaw Aloys Swoboda, 2. Aufl. Prag 1829.

L. A. SENEKA'S TRAGÖDIEN nebst den Fragmenten der übrigen römischen Tragiker, übersetzt und mit Einleitungen versehen von W. A. Swoboda, 3 Bde., Wien / Prag 1825-30.

MUSTER REDENDER KÜNSTE aus römischen Classikern. Die Chrestomathie für die zweite Humanitätsclasse, verdeutscht und mit Erläuterungen versehen, 3 Teile, Neuhaus 1820/29.

POËSEOS LATINAE specimina, Pragae 1832.

SANCT WENCESLAW und Podiwjn. Legende, Prag 1847. [tschechisch-deutsch-lateinisch]

SELECTA FREDERICI SCHILLER carmina rhythmis Latinis similiter desinentibus reddidit W. A. Swoboda, Prag 1845.

WÝBOR BÁSNÍ Friedricha Schillera, zčeštil Wácslaw Aloys Swoboda, Prag 1847.