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Letzte Bearbeitung: 1.7.2007
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Wer war Heinrich Arnold Wilhelm Winckler?

Heinrich Arnold Wilhelm Winckler, Sohn des geistlichen Inspektors und Konsistorialassessors Christian Gottlieb Winckler, wurde am 27.9.1796 in Heringen bei Nordhausen geboren. Nach dem Besuch der lateinischen Stadtschule in Stolberg und der Klosterschule in Roßleben studierte er Theologie und klassische Philologie in Leipzig und Gießen. Am 20.11.1816 fand er Anstellung als Lehrer am Gießener Pädagogium. 1817 wurde er zum Doktor der Philosophie promoviert, ein Jahr später konnte er sich habilitieren. Neben seiner schulischen Tätigkeit hielt er bis zum Jahre 1829 als Privatdozent an der Gießener Universität philologische Vorlesungen und beschäftigte sich, von der philhellenischen Bewegung erfasst, mit dem Neugriechischen, das er erstmals im Sommersemester 1821 anbot. Darüber hinaus betätigte sich Winckler als Übersetzer und Schulschriftsteller.

Für seine metrische Übersetzung von Goethes »Hermann und Dorothea« erhielt er am 6.10.1833 ein Anerkennungsschreiben des Grafen A. Kapodistrias, des Bruders des ersten Staatspräsidenten des befreiten Griechenlands. Am 15.9.1839 musste Winckler aufgrund eines psychischen Leidens in den Ruhestand treten und zog in das benachbarte Lich. Dort starb er am 19.5.1848.

Vgl. Hessische Biographien, in Verbindung mit K. Esselborn u. G. Lehnert hrsg. v. Hermann Haupt, Bd.1, Darmstadt 1918, S. 45 f.

 

In sehr persönlicher Weise erinnert sich der große Naturwissenschafter Carl Vogt an seinen Gießener Lehrer Heinrich Winckler: „Zweiter Lehrer im Range war Dr. Winkler, ein kurzer, dicker, stämmiger Philologe mit dem schauderhaftesten sächsischen Dialekt, den man hören konnte. Er hatte ohne Unterschied Lateinisch oder Griechisch von der untersten bis zu den obersten Klassen und lag hier in beständigem Kampfe mit den Schülern wegen der Konsonanten und Vokale, die weder das sächsische Ohr noch die sächsische Zunge zu unterscheiden wissen. B und p, d und t, e und ä, i und ü konnte der unglückliche Philologe ebensowenig auseinander halten, als François Arago in der Pariser Akademie der Wissenschaften die Namen der beiden Astronomen Enke und Henke. So half er sich denn mit den griechischen Bezeichnungen der Buchstaben und es lautete wahrhaft komisch, wenn er sagte: ‚Ebaminontas – mit einem harten bi und einem weichen telda!’ – Wänkler, wie er selber seinen Namen aussprach, war ein guter Philologe alten Stils, aber ein unverbesserlicher Säufer. Morgens um zehn Uhr schon mußte ihm irgend ein Schüler, den er bevorzugte, aus einer benachbarten Kneipe Rotwein holen, was damals in Gießen ein fast unerhörte Sache war, und nachmittags war er stets in solcher Weise besäuselt, daß meist das schwere, dunkelrot gefärbte Haupt ihm auf die Brust sank und ein lautes Schnarchen das Signal zu vollständige Auflösung der Klasse gab. Seine Reden waren, wenn vorbereitet, in durchaus klassischen Phrasen gedrechselt; wenn unvorbereitet, geradezu pöbelhaft.” (Carl Vogt: Aus meinem Leben. Erinnerungen und Rückblicke, Stuttgart 1896, S. 100 f.)

Verzeichnis seiner Schriften

AUSZUG AUS CYRILLUS' Sammlung derjenigen Wörter, die ihrer verschiedenen Bedeutung nach einen verschiedenen Accent haben, Gießen 1825.

CARMEN GRATULATORIUM zum 50jährigen Amtsjubiläum von Prof. Crome, Gießen 1828.

CRITICA DISSERTATIO de nonnullis difficilioribus locis libelli Caji Cornelii Taciti de situ, morbis et populis Germaniae, Gissae 1817.

DAS EVANGELIUM JOHANNIS metaphrasiert durch Nonnos aus Panos in Ägypten. Zum ersten Male in die deutsche Sprache metrisch übertragen, Lieferung 1, Gießen 1839.

GRIECHISCHE SCHULGRAMMATIK für die unteren Classen, Mainz 1825. – Zusammen mit H. W. C. Völcker.

LATEINISCHE SCHULGRAMMATIK für die untersten und mittelsten Classen, Gießen 1826.

METRISCHE GRIECHISCHE UEBERSETZUNG des ersten Gesanges (v. 1-215) von Goethes Hermann und Dorothea, Gießen [1823].

METRISCHE GRIECHISCHE ÜBERSETZUNG des zweiten Gesanges (v. 1-273) von Goethes Hermann und Dorothea, Gießen 1830.

M. T. CICERONIS in M. Antonium oratio Philippica secunda annotationibus in usum scholarum illustrata, Marburg 1829.

PROGRAMMA de praecipuis auxiliis, quibus ingenium Graeci iuvenis excolebatur, Gießen 1820.

UEBERSETZUNG der 2ten Philippischen Rede des Cicero, Marburg 1829.

VOLLSTÄNDIGE lateinische Chrestomathie zum Gebrauche für die mittleren Classen aus 16 prosaischen und 4 poetischen klassischen Schriftstellern ausgezogen, Gießen 1826.