Hermann und Dorothea, von Göthe.

In's Lateinische übersetzt von Joseph, Grafen von Berlichingen,
Jagsthausen 1828. – 110 Bl. / dt.-lat.

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Letzte Bearbeitung: 21.8.2010
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Wer war Joseph von Berlichingen?

Graf Joseph von Berlichingen

Joseph Friedrich Anton Graf von Berlichingen wurde am 8.2.1759 in Tyrnau in Ungarn, dem heutigen Trnava in der Slowakei, geboren. Sein Vater war der k.k. Rittmeister Alexander Friedrich Freiherr von Berlichingen-Jagsthausen, seine Mutter hieß Catharine und war eine geb. Gräfin Forgats. Da der Vater im Siebenjährigen Krieg im Felde stand, lag die erste Erziehung in der Hand der Mutter, die von einem Verwandten, dem Bischof von Kalocsa, dabei unterstützt wurde. Joseph besuchte zunächst das Lyzeum von Kalocsa, dann Schulen in Oedenburg und Tyrnau. Später wurde er in die k.k. Ingenieurakademie und taktisch-diplomatische Schule in Wien aufgenommen.

1778 entschied er sich für die militärische Laufbahn und machte den (unblutigen) Bayerischen Erbfolgekrieg mit. 1784 wurde er Oberleutnant und schließlich Adjutant des Prinzen Georg von Mecklenburg-Strelitz. In den Jahren 1788 und 1789 nahm er an zwei Feldzügen gegen die Türken teil. Aufgrund seiner Verdienste wurde er zum Rittmeister befördert und erhielt eine eigene Schwadron.

Nach dem Tod seines Vaters 1789 übernahm der die Stammgüter seiner Familie. Bei seinem Abschied aus dem Militärdienst wurde er zum k.k. Kämmerer ernannt. 1790 heiratete er Charlotte Sophie Wilhelmine von Berlichingen (Linie Inneres Haus) und zog nach Jagsthausen, wo er sich das heute sog. Weiße Schloss erbauen ließ, das er im Jahre 1792 beziehen konnte. Zunächst trug er Sorge für die Verbesserung des Wohls seiner Gemeinden, indem er sich um die Neuordnung von Finanzen, Verwaltung und Unterricht und um die Beförderung der öffentlichen Ordnung kümmerte. Zugleich engagierte er sich als Mitglied der freien Reichsritterschaft für seinen Stand. Sein umsichtiges und besonnenes Verhalten während der französischen Revolutionskriege bewahrte sein Haus und seine Untertanen vor größerem Unglück. Im Umgang mit den fremden Truppen kamen ihm seine Fremdsprachenkenntnisse zustatten, „denn er wußte sich mit Gewandtheit in der französischen, italienischen, lateinischen, ungarischen und polnischen Sprache auszudrücken.”[1]

Graf Joseph von Berlichingen

Mit der Mediatisierung 1806 fielen die Besitzungen des Hauses von Berlichingen größtenteils unter württembergische Oberhoheit. Bald schon wurde König Friedrich I. von Württemberg auf Joseph von Berlichingen aufmerksam und ernannte ihn zum Kreishauptmann von Schorndorf. Im Jahre 1809 wurde ihm die Landvogtei Ludwigsburg, die königliche Sommerresidenz, übertragen. Ehrende Anerkennung wurde ihm durch die Ernennung zum königlichen Kammerherrn, die Verleihung des Großkreuzes des Zivilverdienstordens und durch seine Einberufung in den Staatsrat 1814 zuteil. Im Jahre 1815 wurde er, auch in Anbetracht der Verdienste seiner Familie, in den erblichen Grafenstand erhoben. Schließlich wurde er in die Verfassungskomission der Regierung berufen.

Nach dem Tod König Friedrichs verließ er 1818, obwohl ihm andere Ämter angetragen worden waren, den Staatsdienst und zog sich in die ländliche Stille von Jagsthausen zurück. Dort widmete er sich genealogischen Studien und legte den Grund für ein umfassendes Familienarchiv. „Aber auch sonst war die Wissenschaft ein Gegenstand seiner Lieblingsneigung, und im Lateinischen war er so fest, daß er noch in seinem zweiundsechzigsten Jahre eine metrische Uebersetzung von Goethe's »Hermann und Dorothea« ins Lateinische vollendete [...]”[2]

Nachdem schon seine erste Frau Sophie im Jahre 1807 gestorben war – dieser Verbindung entstammten acht Töchter und zwei Söhne –, musste er 1828 im vorgerückten Alter auch noch den Tod seiner zweiten Frau Caroline Clara von Berlichingen (Linie Merchingen) erleben. Da diese Ehe kinderlos geblieben war und auch die beiden Söhne aus erster Ehe bereits im Kindersalter gestorben waren, war mit dem Tod Joseph von Berlichingens am 23.4.1832 in Jagsthausen auch die Neue-Schloss-Linie derer von Berlichingen erloschen.

Vgl. Friedrich Wolfgang Götz Graf von Berlichingen-Rossach: Geschichte des Ritters Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand und seiner Familie. Nach den Urkunden zusammengestellt und herausgegeben, Leipzig 1861, S. 634-639. – [1] Ebd., S. 637. – [2] Ebd., S. 638. – Mein Dank gilt Herrn Konrad Freiherr von Berlichingen für die freundliche Überlassung der beiden Portaitfotographien.